Wie sich die Sicht auf die Altersfreigaben ändern kann.
Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle, kurz USK, existiert seit 1994. So kamen wir Gameboy-Veteranen am Anfang unseres Schaffens gar nicht in den Genuss elterlicher Diskussionen beim Geburtstags- oder Weihnachtswunsch-Einkauf bezüglich der Auswahl eines angemessenen neuen Spiels. In Zeiten von C64 und Amiga, NES und Gameboy gab es halt Spiele die auf den Konsolen und Rechnern liefen und ich persönlich kann mich in keinster Weise daran erinnern, dass wir von Eltern beim Spielen kontrolliert wurden. Solang der zeitliche Ausgleich zwischen Monitor und anderer Freizeitgestaltung gegeben war, gab es keinen Disput und „Wolfenstein“ war eine Diskette zwischen allen anderen.
Nach 1994 änderte sich hier einiges. Bereits nach kurzer Wirkenszeit wurde der Klassiker „Doom“ von der USK aus den Regalen verbannt. Ich behaupte einfach, dass dies nicht minder zum Erschaffen des Kults um Doom geführt hat, sowie der Anreiz eine Raubkopie zu bekommen durch eine Indizierung natürlich gesteigert wurde. Wenn man Doom besaß und dazu noch die Original LP „Ab 18“ der Ärzte war man sowas wie Kim Dotcom heute.
Persönlich kann ich mich nicht erinnern, dass es in meinem Umkreis zu Kontroversen bezüglich eines Spiels gekommen ist, durch meine ausgeprägte Sportgames-Anwandlung gab es hier auch nie Grund, dass ich betteln musste.
Vier Jahre nach Gründung der USK sind die Diskussionen für längere Zeit ad acta gelegt worden. Erst seit familiärer Veränderung bekommt dieses Thema, vor allem durch pubertäres Verlangen, einige andere Aspekte. Hier ziehe ich in der Entscheidung eines Kaufes für den Sohn meiner Freundin keine bunten Aufkleber zu Rate, sondern teste das Spiel einfach selbst und wir entscheiden ob das Game ab 16 für einen 14-jährigen in Frage kommt. Einstufungen ab 18 sind allerdings nicht zur Diskussion stehend.
Ganz, ganz anders sieht es beim jüngsten Nachwuchs aus. Nicht nur, dass es fürchterlich ist eine geeignete (kostenlose) Internetseite für eine 5-jährige mit altersgerechten Spielen zu finden. Vor ca. vier Monaten hat meine Tochter neben dem PC auch die Xbox 360 für sich entdeckt. Dass man sich mit Papas Live-Account anmelden muss, wenn man ein neues Spiel möchte hatte Sie ziemlich schnell heraus. Und wo die neuesten Demos zu finden sind ist mittlerweile auch kein verstecktes, heimliches Hexenwerk mehr.
Und genau hier bin ich zum ersten Mal sehr kritisch mit der USK aufeinandergetroffen. Auslöser war ein Spiel aus der LEGO-Reihe: Pirates of the Caribbean. Freigegeben ab 6 Jahre. Das eine Jahr habe ich ihr freundlicherweise geschenkt. Im Grunde ist es ein gut gemachtes Game, was mit wenigen Tastenkombinationen auskommt, also auch für Kinderhände zu meistern. Die Rätsel sind auf einem Niveau, dass diese immer zu finden und irgendwann auch zu lösen sind, so dass bei dieser Altersstufe auch der Spass vorhanden bleibt. Aber warum dann die Kämpfe? Die USK schreibt: „Die möglicherweise enthaltenen Kämpfe und Auseinandersetzungen in dem Spiel sind so inszeniert, dass sie auch für x-Jährige deutlich als Fiktion erkennbar bleiben.“
Ja, das ist doch genau die Beschreibung zum oben aufgeführten Game. Nicht ganz, denn hier handelt es sich um eine Umschreibung für USK 12. In der USK 6 – Erklärung steht: „Sind Kampfdarstellungen enthalten, können sie mit der Alltagswirklichkeit nicht verwechselt werden, sondern werden märchenhaft oder abstrakt-symbolisch präsentiert.“
Sind diese Erklärungen nicht eigentlich ein und dasselbe? Eine Fiktion ist oftmals märchenhaft dargestellt, oder sehr abstrakt-symbolisch eben. Die Aussage ob Alltagswirklichkeit klar von 6-jährigen erkannt wird, oder dass 12-jährige eine Nicht-Alltagswirklichkeit (Fiktion) erkennt ist für mich identisch.
Sicherlich werde ich meiner Tochter das Spiel nicht verwehren, denn und das muss ich auch sagen ist es das erste Game bei dem sie komplett selbständig alle Rätsel lösen will und dies auch sehr gut macht. Ich muss gestehen manche Dinge findet man als Erwachsener wesentlich langsamer. Aber der Beigeschmack bleibt bestehen …