In der Mitte der 2000er Jahre entdeckten Firmenbosse im Internet die Überreste einer uralten Tradition, genannt Kundenservice. In den darauf folgenden Jahren konnten mit Hilfe dieses Wissen neue Systeme und „Support-Tools“ entwickelt werden, die Geld an Stellen sparten, an denen man es nicht für möglich gehalten hätte. Basis dieser unglaublichen Technologie, war eine Kraft namens Geiz.
Die großen Videospielpublisher nannten es „die größte Entdeckung in der Geschichte des Kundenservice.“ Alle anderen Menschen auf der Welt nennen es … SCHOCK EFFECT!
Es ist soweit! Spätestens seit dem Erscheinen der Mass Effect 3-Demo rollt der Hype-Train mit Volldampf auf seinen Zielbahnhof zu. Und auch ich bin an Bord und freue mich wie ein Schnitzel, nach langer Reise endlich den Abschluss der shepard’schen Trilogie zu erleben und den Reapern die rostigen Metallarme zu verbiegen. Immerhin habe ich ja schon zwei von denen zerlegt, die übrigen 2000 krieg ich auch noch klein. Was böte sich zur Vorbereitung also mehr an, als noch einmal die beiden Vorgänger zu durchwandern um meinen Shepard auf Höchstform zu trainieren und einen optimalen Spielstand für das Ende des Epos anzulegen? Auf dem PC natürlich, denn ich möchte die größte Schlacht der Galaxie nicht in 720p und mit Matschtexturen schlagen müssen. Gesagt, getan: Mass Effect 1 und 2 aus dem Regal geschnappt, installiert, gestutzt. Während Teil 2 sich anstandslos aufspielen ließ, beschwert sich Mass Effect 1, dass alle Aktivierungslizenzen verbaucht sind. Wenn ich der Ansicht sei, dass es sich hierbei um einen Fehler handelt, so soll ich doch bitte den EA-Kundenservice kontaktieren. Achja richtig, da war ja was. Mass Effect war 2008 eines der ersten Spiele, das den elendigen SecuRom-Kopierschutz um eine quantitativ limitierte Onlineaktivierung erweiterte. Auf maximal drei verschiedenen Systemen darf man es installieren, dann ist Sense. Über weitere Freischaltungen, muss dann EA „von Fall zu Fall entscheiden“, wie so schön angegeben war.
Na super, ich besitze das Spiel seit beihnahe vier Jahren, habe in der Zeit öfter mal was an der Hardwarekonfiguration meines Rechners geändert, bzw. einen komplett neuen PC angeschafft und das Spiel auch mal zeitweise auf meinem Notebook gezockt. Meine Aktivierungen sind also aufgebraucht, einen Patch, der diese Gängelung nach all den Jahren entfernt, hat EA natürlich nie nachgeschoben. Dafür aber immerhin ein sogenanntes Revoke-Tool, das Aktivierungslizenzen wieder freigibt. Dafür muss das Tool aber auf einem aktivierten PC-System ausgeführt werden, um eben jene Aktivierung deaktivieren zu können… Aha. In meinem Fall bringt mir das nicht viel, den alten Rechner hab ich nicht mehr und früher auch nie daran gedacht, mal eine Aktivierung manuell rückgängig zu machen. Nachfolgende Titel wie etwa Far Cry 2, waren immerhin so gütig, bei ihrer Deinstallation auch die Lizenz wieder freizugeben, sodass man es praktisch unbegrenzt oft installieren kann, aber nur ein paar Mal gleichzeitig. Damit könnte ich leben. Doch nicht so bei Mass Effect.
Nagut, alles kein Problem, kontaktiere ich eben den Kundenservice. Auf Electronic Arts’ Webseite lande ich im sogenannten Support-Tool, ein „lernfähiges“ System, das mit der Anzahl gestallter Anfragen und Lösungen immer umfangreicher werden soll, und auch Grundlage der täglichen Arbeit von EAs Servicepersonal sei. So steht es da jedenfalls. Sollte Letzteres wirklich stimmen, dann wäre es eine mögliche Erklärung für meine noch folgende Odyssey.
Im Support-Tool kann ich jedenfalls komfortabel nach den Spielen suchen, zu denen ich eine Frage habe, doch blöderweise findet der Dienst auf meine Anfrage zu Mass Effect genau einen einzigen Eintrag. Und zwar zur Demo von Mass Effect 3. Das war’s. Dieses Tool, das quasi den kompletten Online-Kundenservice von EA darstellt, enthält genau eine vorgefertigte Problemlösung zur Mass Effect 3-Demo. Und gar nichts zu den beiden Vorgängern. Ebenso wenig, wie ein ersichtliches Kontaktformular oder eine E-Mail-Adresse, über die ich ein individuelles Problem schildern kann. Nagut, eigentlich hab ich ja eh keine Lust, auf eine Antwortmail zu warten, ruf ich eben den telefonischen Support an, netterweise auch nur zum Ortstarif. In EAs Warteschleife gefangen, erklärt mir eine wenig geschult klingende Stimme, dass derzeit alle Leitungen besetzt seien. Die vorraussichtliche Wartezeit beträgt eine Stunde. Eine Stunde??? Ich glaub es shepard! Wie viele Mitarbeiter haben die? Einen? Netterweise fügte die Stimme noch an, dass ich mich auch mit einem englischsprachigen Mitarbeiter verbinden lassen kann, dann muss ich nur geschätzte 10 Minuten in der Leitung warten. Ne danke, da hab ich Besseres zu tun. Zum Beispiel frühstücken, denn es war erst 10:00 Uhr morgens, eine Zeit, zu der die meisten Menschen eigentlich bei der Arbeit oder in der Schule sein sollten, statt in EAs Hotlinekabinett herumzuirren.
Also wieder einen Schritt zurück. Es muss doch schließlich einen E-Mail-Kontakt geben, dem ich mein Problem schildern kann, immerhin will ich ja nichts weiter, als ein Spiel, das ich schon seit Jahren besitze, auf meinem Computer spielen. Doch egal mit welchen Suchbegriffen ich Google malträtiere, welche Foren ich durchstöbere, am Ende lande ich immer wieder in EAs Support-Tool, dem ich auf Teufel-komm-raus keine E-Mail-Adresse entlocken kann. In allen Fällen, in denen mir dieses kümmerliche FAQ nicht weiterhelfen kann, soll ich mich doch bitte mit der Hotline in Verbindung setzen. Selbst im Impressum, in dem Electronic Arts dazu verpflichtet ist, eine E-Mail-Adresse zu nennen, wird deutlich darauf hingewiesen, dass über diese Adresse gestellte Fragen zu Spielen nicht beantwortet werden. Stattdessen folgt ein Link zum Support-Tool…
Ich gebe offen zu, dass ich in diesem Moment mehr als nur geneigt war, mir ein kleines Tool von einer der einschlägigen Seiten zu besorgen, das mein Aktivierungsproblem auch ohne Staubfressen in der Servicewüste behoben hätte. Und ich hätte dabei sicherlich kein schlechtes Gewissen gehabt, denn mein Exemplar von Mass Effect gehört schließlich mir! Doch ich wollte es mir nicht eingestehen. Muss ich tatsächlich ein legal erworbenes Produkt cracken, um es nach Jahren noch spielen zu können? Kann es sein, dass Electronic Arts, einer der weltgrößten Videospielpublisher es nicht gebacken bekommt, eine Kundenservice-Kontaktadresse in seinem unmöglichen Service-Tool zu nennen? Ich habe es daraufhin noch zwei mal bei der telefonischen Hotline probiert, stets mit dem selben Ergebnis. Meine Nerven waren am Boden, mein Frühstück hat nur halb sogut geschmeckt und langsam wurde es für mich Zeit, zur Arbeit aufzubrechen. Soviel zu einem schnellen, unkomplizierten Spielchen zwischendurch.
Doch damit ist die Geschichte noch nicht ganz vorbei. Denn einen Tag später, beim erneuten Abgrasen von EAs Kundenportal habe ich sie doch tatsächlich noch gefunden! Die Möglichkeit, Kontakt per Mail aufzunehmen! Versteckt hinter der Schaltfläche „Stufe deine Erfahrung hoch! Mit einem Spieleberater sprechen.“ Spieleberater … so nannte man früher Bücher oder Personen, die einem beim Durchspielen halfen. Wer jedoch hier drauf klickt, gelangt zu einem Anmeldeformular für seinen Origin-Account (ohne geht bei EA wirklich gar nichts mehr) und kann nach Beantwortung diverser Fragen tatsächlich selbst ein Problem schildern und per Mail abschicken! Ich kam mir vor, wie ein überholter Rentner, der soeben bemerkte, dass er zur korrekten Bedienung seines Videorecorders den On/Off-Schalter drücken muss. Liegt es an mir? Bin ich vielleicht schon zu alt. Oder ist es zuviel verlangt, im Kundenservice-Bereich eine E-Mail-Adresse oder ein Kontaktformular so zu offerieren, dass es auch ein 26-jähriger Mediendesigner auf den ersten Blick findet?
Auf die Antwort auf meine Mail warte ich jedenfalls bis heute, lange über die angegebenen 24 Stunden hinaus. Mass Effect spiele ich mittlerweile aber trotzdem. Und zwar tatsächlich ohne schlechtes Gewissen!
die publisher zwingen einen doch schon fast PC spiele zu cracken. du hast es ja selber gesagt, spiel gehört dir! du solltest es also so oft installieren können, wie du lustig bist und auch auf so vielen geräten wie du willst!
es ist echt eine absolute frechheit was die mit den PC spielern machen. du darfst nicht spielen, wenn du es zum vierten mal installierst, du darfst nicht ohne internetverbindung spielen, bei ubisoft darfst du ja nicht mal mehr deinen PC verändern!
ich habe auch bewusst “darfst nicht” statt “kannst nicht” geschrieben. die VERBIETEN dir deren teures produkt zu spielen wenn du dich nicht an deren regel hälst! und dann wundern sie sich well jeder die spiele nur noch illegal runterlädt…
Ich versuche ja immernoch von Origin verzubleiben. Irgendwie wird das jetzt zur Mode das jeder Publisher sein eigenes Progrämmchen hat, was mitinstalliert werden muss.
Und was den Kundenservice und die FAQ’s angeht: Wenn man ein Problem hat was häufiger auftritt, findet man es über Google. Sonst bleibt einem eigentlich nur der Kundenservice. Und zwar in menschlicher Form.
Vollkommen richtig, es war auch tatsächlich meine allererste Kontaktaufnahme mit dem Kundendienst eines Spieleherstellers. Denn dieses spezielle Problem konnte leider kein Forum lösen. Ansonsten sind die Hilfestellungen der Communities sowohl quantitativ als auch oft qualitativ den offiziellen Diensten weit überlegen.
Muhaha…”Ich glaub es shepard.” Andy, you made my day!!!!
Mich würde wirklich ernsthaft mal interessieren, was der Verbraucherschutz dazu sagt. Andreas? Skype-Konferenz!!! 😉
ok, ich hatte gerade selber ein frustrierendes erlebnis mit dem EA kundendienst.
ME3 war gerade bei mir in der post. rein in die xbox, gestartet, “EA account invalid”. kann den online pass nicht aktivieren, weil ich nicht auf das account zugreifen kann, das mit meinem gamertag verbunden ist.
bei EA angerufen, mein account ist gebannt. jemand hat sich vor einem jahr zugriff auf das konto verschafft und jetzt ist es gesperrt und kann auch nicht entsperrt werden.
ich bekomme innerhalb der nächsten 2 tage eine mail von denen, aber wie es jetzt aussieht werde ich nie zugriff auf den multiplayer modus haben. vielen dank, EA! DX