In der Bücherecke: Literatur für Gamer

Wir sind Gamer. Wir lieben Videospiele. Aber anders als Nicht-Gamer des öfteren glauben, lässt sich unsere Liebe nicht nur auf das Drücken von Knöpfen, das Fuchteln mit Controllern oder das Fluchen via Headset beschränken. Gaming ist mehr als nur ein digitales Hobby. Mittlerweile erstrecken sich Videospiele weit über ihr Medium hinaus und erobern auch gerne die analoge Landschaft in Form von Büchern. Videospielbuch ist aber nicht gleich Videospielbuch. Da es leicht ist, in all dem Papierchaos die Übersicht zu verlieren, haben wir beschlossen, die verschiedenen Arten der Gaming-Literatur mal genauer zu betrachten.

Videospiele & die Kunst – Bildbände


Seit Jahren streiten sich Experten darüber, ob Videospiele nun eine Kunstform sind oder nicht. Egal wie man zu dieser Debatte stehen mag, dass sich hinter dem Medium tatsächlich Kunst verbirgt, kann niemand abstreiten, der einmal Concept Art gesehen hat. Zeichnungen, die vor und während der Entwicklung eines Titels entstanden sind, um den Designern ein Bild zu verschaffen, wie das Endprodukt aussehen soll, werden immer häufiger in Buchform gepackt. Bevor das atmosphärische Alice: Madness Returns veröffentlicht wurde, zeigte eine Ausstellung Alice-inspirierte Bilder namenhafter Künstler wie Ken Wong oder Sun Guoliang. Diese wurden in The Art of Alice Madness Rertuns gesammelt. Im Filmbereich sind The Art of – Bücher schon gang und gäbe und auch im Bereich Videospiele dürfen Fans sich immer Häufiger über Concept Artworks ihrer Lieblingsgames freuen. Egal ob God of War, Star Wars: The old Republic, Halo, Uncharted 2: Among Thieves oder Disney Epic Mickey, Kunstbücher schleichen sich langsam aber sicher in Gamerhaushalte ein.

Bewegte Bilder im Stillstand – Comics


Comics und Videospiele haben eine besondere Verbindung. Sie beide haben häufig das Problem nicht ernst genommen zu werden, auch wenn sie längst im Mainstream angekommen sind. In beiden Fällen handelt es sich um Medien, die Geschichten hauptsächlich visuell erzählen und durch eindrückliche Bilder im Gedächtnis bleiben. Sprechen wir von Videospielen und Comics im Zusammenhang, dann unterscheiden wir zwischen verschiedenen Kategorien:
1.    Comics, die Videospiele inspirieren
2.    Comics, die durch Videospiele inspiriert werden
3.    Comics, die sich mit Videospielen befassen oder bestimmte Merkmale enthalten

Zu Ersterer gehört ohne Frage Batman: Arkham Asylum von Grant Morrison und Dave McKean, die heute nicht nur eine der erfolgreichsten Graphic Novels aller Zeiten ist, sondern auch die Basis zum von Fans und Kritikern in den Himmel gelobten Batman: Arkham Asylum. Die Geschichte dieses Rocksteady-Spiels stammt aus der Feder  des DC Comics Autoren Paul Dini. Dieser gehört ebenfalls in die zweite genannte Kategorie, denn er lieferte nicht nur die Story zur Videospielfortsetzung Batman: Arkham City, sondern schrieb den gleichnamigen Comic, der eine Brücke zwischen den Ereignissen der beiden Spiele liefert. Comics zu Videospielen sind heute kaum noch eine Seltenheit. Fast jedes große Gamingfranchise kann mit seiner eigenen Reihe aufwarten. Dead Space, Tomb Raider, Dragon Age oder Uncharted, sie alle ergänzen die Handlung der Spiele durch Vorgeschichten oder beleuchten den Hintergrund von interessanten Nebencharakteren. Comics wie The Guild von Felicia Day oder Scott Pilgrim von Bryan Lee O’Malley richten ihr Augenmerk stattdessen auf die Spieler selbst oder binden Elemente, die jedem Gamer bekannt sein dürften, in ihre Geschichten ein, was mit Sicherheit für das ein oder andere Grinsen sorgt.

Hintergrundwissen, Geschichte & Strategie – Guides


Für einige sind sie Sammelobjekte für andere eine Anleitung zum Cheaten, wieder andere sehen sie als Lebensretter, wenn sie an einer Stelle mal wieder einfach nicht weiter kommen. Strategieguides gibt es schon so lange es Computerspiele gibt. Auch wenn das Internet voller Walkthroughs ist, so locken diese Bücher doch durch ihr ansprechendes Äußeres sowie den Fan- und Sammelfaktor. Denn, was ist wohl schöner: eine ausgedruckte Version von Nathan Drakes neustem Abenteuer oder das schicke Buch in Lederoptik, das an das Tagebuch des Uncharted-Helden erinnert und mit netten Extras aufwartet?

Bildfreier Weltausbau – Roman zum Spiel


Wer behauptet, dass Spiele kaum Handlung jenseits des Deshalb-musst-du-von-Punkt-A-nach-Punkt-B-kommen besitzen, geschweige denn einen ganzen Roman füllen können, der wird nun eines Besseren belehrt. Zwar kommen Mario oder Doom gut ohne tiefgreifende Handlung aus, dass das aber nicht mehr die Regel ist, sollte jedem klar sein, der auch nur einmal ein BioWare Spiel in der Hand gehalten hat. Egal ob Mass Effect oder Dragon Age, die Universen, welche das Entwicklerstudio hier liefert sind so reich, dass sie weit über das reine Gaming herausgewachsen sind. Neben den bereits erwähnten Comics liefern die Lead Writer Drew Karpyshyn und David Gaider ganze Romanreihen, auch wenn ME dank eines Autorenwechsels und daraus entstandenen Fehlern gerade eher mit Negativschlagzeilen von sich reden macht. Sogar die eher als handlungsarm geltende Capcom-Serie Resident Evil umfasst dank S.D. Perry eine mehrteilige Buchreihe, welche nicht nur die Spiele selbst abdeckt, sondern auch die Geschehnisse zwischen diesen. Bücher wie Assassin’s Creed: Renaissance von Oliver Bowden, Uncharted: Das vierte Labyrinth von Christopher Golden oder Gears of War: Anvil Gate von Karen Traviss führen uns tiefer in die Welten unserer Lieblingsspiele und eröffnen eine völlig neue, detaillierte Sichtweise auf Geschehnisse. Sie erklären, warum bestimmte Charaktere so handeln, wie sie es tun, erklären uns die fremden Welten und verkürzen noch dazu die Wartezeit auf die nächste Fortsetzung.

Die Idee Videospiel – Romane zum Medium


Videospiele sind ein Faszinierendes Medium, das gerne von Anderen als Inspirationsquelle genutzt wird. Nicht nur Hollywood bedient sich, sondern auch die Literaturwelt greift gerne auf dieses Potenzial zurück. Neben lockeren Romanen wie Extraleben von Constantin Gillies begegnen uns vor allem Dystopien. Dunkle Zukunftsvisionen plagen Thriller wie Das Gesicht des Mörders von Kevin Guilfoile oder For the Win von Cory Doctrow. Wer es eher kurz und knapp mag, der findet in der geekigen Kurzgeschichtensammlung Geektastic: Stories from the Nerd Herd was er sucht.

Es war einmal – Videospielgeschichte


Das Medium an sich mag zwar noch in den Kinderschuhen stecken, trotzdem ist es schon einen sehr weiten Weg gegangen, seit erstmals Pong über die Bildschirme flackerte. Dementsprechend viele Bücher gibt es auch, die sich mit der Geschichte der pixeligen Helden beschäftigen. Während sich Autor Rob Smith in Rogue Leaders: The Story of LucasArts mit einem bestimmten Studio befasst, betrachten Winnie Forster und Stephan Freundorfer in Joysticks lieber die Geschichte der Controller. Globaler geht es in The Ultimate History of Video Games von Steven Kent oder Replay: The History of Video Games von Tristan Donovan zu. In All Your Base Are Belong to Us untersucht Harold Goldberg den Einfluss der Videospiele auf die Popkultur. Eine ähnliche Idee hatte auch David Kushner mit seinem selbsterklärendem Buch Masters of Doom: How Two Guys Created an Empire and Transformed Pop Culture. Wer sich für die Hintergründe und Vergangenheit von Videospielen interessiert, der dürfte kaum auf einen Mangel an Lesefutter stoßen.

Hinter den Spielen – Sachbücher


Wer es etwas ernster mag, und neue Argumente in leidigen Diskussionen über den Sinn oder die Sinnlosigkeit von Videospielen braucht, der hat mit thematischen Sachbüchern die Chance seinen Horizont zu erweitern. Bücher wie Die neue Intelligenz: Warum wir durch Computerspiele und TV klüger werden von Steven Johnson, Kinder brauchen Monster: Vom Umgang mit Gewaltphantasien von Gerard Jones oder  Grand Theft Childhood von Lawrence Kutner und Cheryl Olson räumen mit gängigen Klischees auf, welche gerne von medienfremden Personen aufgegriffen werden. Tom Chatfield befasst sich in Fun Inc hingegen lieber mit der Videospielindustrie an sich, genau wie Heather Chaplin und Aaron Ruby in Smartbomb. Wer Lesematerial will, das die Oberfläche verlässt, ist im rasant wachsenden Bereich der Videospielesachbücher gut aufgehoben.

Bücher zum Thema Videospiele mag es zwar (noch) nicht wie Sand am Meer geben trotzdem ist die Auswahl, die uns als Gamern geboten wird, enorm. Es lohnt sich wirklich den Controller mal Beiseite zu legen und zum guten, alten Buch zu greifen. Und wer von euch schon so digitalisiert ist, dass er beim Gedanken an Papier mit den Zähnen knirscht: die meisten dieser Bücher gibt es bereits für Kindle & Co.

Habt ihr ein Lieblingsbuch oder einen Geheimtipp, das sich mit dem Thema Videospiel befasst? Lest ihr überhaupt solche Bücher oder bevorzugt ihr, wenn eure Spiele auf dem Bildschirm bleiben?

2 Kommentare zu „In der Bücherecke: Literatur für Gamer“

  1. Wow! Vielen Dank für die interessante und systematische Aufreihung jeglicher Videospielliteratur. Hatte da noch nie so richtig den Überblick… Bisher auch außer einem Pokémon Trading-Card-Game Spieleberater noch keine Videospielliteratur im Bücherregal gehabt…

  2. Ich freue mich über die ganzen Empfehlungen, aber mein Geldbeutel schaut mich schon ganz böse an <.<

    Scott Pilgrim sollte jeder gamer mal gelesen haben, egal ob man den Film mochte oder nicht. Ich selbst fand den Film toll, aber der Comic ist nochmal ein ganzes Stück besser.
    Arkham Asylum würde ich nicht unbedingt Leuten empfehlen die zuvor noch nie einen Comic gelesen haben, man muss sich erst mal an Morrison gewöhnen bevor man an seiner Arbeit wirklich Spaß hat, aber wer schon hier und da was gelesen hat sollte zugreifen.
    Mit den PA Büchern kann man absolut nichts falsch machen, aber die meisten von euch lesen den Webcomic wahrscheinlich eh schon.
    I Kill Giants habe ich schon seit Monaten auf meiner to-buy Liste, aber ich bin noch nicht dazu gekommen….

    The Ultimate History of Video Games kann ich auch empfehlen. Eine Freundin hat im Rahmen ihres Studiums eine Gamedesign Klasse besucht die das als Lehrbuch benutzt haben.

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