Eigentlich ist es fast etwas bizarr. Wenn jemand das Wort „Museum“ fallen lässt, dann denke ich an ausgestopfte Tiere. An Planetenlaufbahnen. An Dinosaurierknochen, Mumien, Gemälde und jede Menge alten Kram. Aber ich denke nicht an Sachen, die ich aus meiner Kindheit kenne oder gar Dinge, die ich erst vor wenigen Jahren gekauft habe und sogar noch nutze. Nie hätte ich gedacht, einmal ein Kind in einem Museum Monkey Island spielen zu sehen. Nie hätte ich gedacht, überhaupt einmal Monkey Island in einem Museum zu sehen. Doch genau mit solchen Dingen werde ich in der neuen Dauerausstellung „Computerspiele. Evolution eines Mediums“ in Berlin Friedrichshain konfrontiert.
Sonderlich groß ist das Computerspielemuseum (CSM) nicht, dafür aber vollgestopft mit der Geschichte eines noch vergleichsweise jungen Mediums. Über 300 Exponate stehen bereit sich erkunden, oder sogar testen zu lassen. Spielmaschinen aus dem Mittelalter, Münzautomaten, wie man sie seit Arcade-Zeiten kaum noch gesehen hat, interaktive Installationen und jede Menge Konsolen in Glaskästen an der „Wall of Hardware“, die schon mehr als einen Besucher haben rufen lassen „Guck mal! Die haben wir noch im Keller!“
Neben Unmengen an Nostalgie für Videospielefreunde gibt es auch viel zu lesen und zu lernen. Alle Exponate sind mit einem zweisprachigen Text (Englisch und Deutsch) versehen, der den Ursprung und die Hintergründe dokumentiert. 52 Spiele wurden beispielsweise gezielt ausgewählt, anhand denen besondere Innovationen der Industrie beschrieben werden und wie sie sich auf die weitere Geschichte des Mediums ausgewirkt haben.
Egal ob Erzählstruktur, Musik, Steuerung, Export oder Entwicklung – jeder wichtige Bereich rund um das Thema Gaming wird angerissen, wenn nicht sogar ausführlich erklärt. Auch eine kritische Auseinandersetzung in Form von Statistiken und Erläuterungen über Gefahren, Süchte, Ethik und Moral in Spielen wird nicht außer Acht gelassen.
Kurz: Im CSM findet man Informationen über alles, was man als interessierter Gamer wissen oder zumindest einmal gehört haben sollte. Nicht nur für Videospielfreunde selbst, sondern vor allem für Spielebegeisterte mit Familienangehörigen oder Freunden, die diese Passion vielleicht nicht ganz verstehen können oder skeptisch sind, kann ein Besuch im Computerspielemuseum interessant sein. Hier werden anschaulich Hintergründe jenseits des Fan-Daseins erklärt, die zeigen, dass Videospiele eben doch mehr sind, als sinnloses Herumgeballere oder teure Zeitverschwendung, für die viele sie noch immer halten.
Alle Informationen sind kurz und knackig gehalten. Ab und an wünscht man sich jedoch etwas mehr Ausführlichkeit, die man höchstens noch in Buchform im Museumsshop erhalten kann. Die aktuelle Konsolengeneration und Entwicklungen, gerade im Bereich der Bewegungssteuerung, wurde komplett ignoriert, was ich persönlich etwas schade finde. Natürlich wissen die meisten Besucher sicher mehr über Wii & Co. als über Pong oder Interton VC4000, trotzdem hätte es nicht ganz vernachlässigt werden sollen.
Nichtsdestotrotz lohnt sich ein Besuch im CSM, egal ob für Hardcore- oder Casual-Gamer, deren Familienmitglieder oder Nostalgiker, die mal wieder Sehnsucht nach den Arcade-Klassikern haben. Nur in der Midlifecrisis sollte man besser nicht stecken, denn sonderlich förderlich hierfür ist es nicht, wenn man gerade in Kindheitserinnerungen schwelgt und plötzlich jemanden, der nicht einmal halb so alt ist wie man selbst, neben sich sagen hört: „Papa, guck mal, das ist ganz pixelig und ohne Farbe. Ist da der Bildschirm kaputt?“
Adresse
Karl-Marx-Allee 93a, 10243 Berlin
http://www.computerspielemuseum.de/
Öffnungszeiten
Täglich 10 – 20 Uhr (außer dienstags)
Ticketpreise
Erwachsene: 8 €
Senioren, Studenten, Schüler, Wehr- und Zivildienstleistende, Azubis, Empfänger von Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II: 5 €
Familienkarte: 15 €
Gruppen ab 10 Personen, für Schulklassen incl. Begleitperson: 2 € je Person
Danke für den guten Bericht.
Hatte im Sommer letzten Jahres überlegt, mal in diesem Museum vorbeizuschauen, als ich in Berlin war. Im Nachhinein bereue ich nicht, dass ich das doch sein lassen habe. Bin grundsätzlich nicht so der Fan von Ausstellungen und wenn man kaum was neues erfährt, hätte sich die Sache wohl einfach nicht gelohnt. Da hat Berlin Interessanteres zu bieten 😉
Ich kann allen denen die Ausstellung zu knapp ist “The Ultimate History of Video Games: From Pong to Pokemon and Beyond” von Steven Kent empfehlen. Das Buch wird auch für den Lehrstoff an Game-Design Schulen zu rate gezogen.
Ich glaube die Kolumnen hier werden mir auch gut gefallen. Gerade in der deutschen gaming community gibt es viel zu wenig gute Kolumnen.
Hoffentlich bleiben die aber nicht immer so “zahm”, sondern setzten sich auch mit den nicht ganz so erfreulichen Themen in Sachen gaming auseinander 😉
Interessanter, aber etwas kurzer Bericht. Wüsste gerne wieviel Zeit man für eine Tour das Museum einplanen müsste. Ein paar mehr Fotos wären auch schön gewesen. Wäre auch sehr komfortabel, wenn man den Link einfach anklicken könnte anstatt ihn kopieren zu müssen.
Gruß, Dekstar
Gerade auf der Seite des Museums gesehen, dass auch Führungen angeboten werden. Diese Info vermisse ich leider auch in eurem Bericht. Zudem gibt es wohl auch regelmäßige Sonderveranstaltungen.
Sorry, für den Doppelpost. Aber das musste ich doch nochmal los werden.
Gruß, Dekstar
Den Link habe ich gesetzt, ist wirklich komfortabler. Zu den fehlenden Infos – ich denke, wer extra nach Berlin fährt um diesem Museum einen Besuch abzustatten, wird sich vorher ohnehin einen intensiveren Eindruck auf der offiziellen Seite verschaffen. Trotzdem danke für den Hinweis – wir werden ja auch schlauer mit der Zeit 😉
Ah stimmt, an die Führungen habe ich nicht gedacht, entschuldigt bitte.
Ansonsten ist die Zeit, die man im Museum verbringt schwer abzuschätzen. Ich war ca. 1,5 Stunden darin unterwegs, habe aber weder Spiele gezockt (wie erwähnt kann man u.a. Monkey Island (an)spielen und auch einige alte Arcade-Games) noch mir alle Installationen angeguckt, da recht viel los war und alles gut besetzt.
Es ist wie in jedem Museum, es kommt darauf an, wie viel Zeit man sich tatsächlich nimmt. Was die einen nur kurz angucken, kann die anderen sehr Lange in ihrem Bann halten. Als Minimum sollte man schon 1-1,5 Stunden rechnen, nach oben höchstens so 2-2,5, länger denke ich nicht.
Wie gesagt, es ist ein recht kleines Museum mit sehr kompakten Informationen, aber an einigen Ecken kann man sich länger aufhalten.
Ich hoffe das hilft etwas weiter.
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